Sommerhauptstadt Europas mit kosmopolitischem Glanz
Vor allem im 19. Jahrhundert blühte Baden-Baden zum mondänen Kurort auf, als die internationale Haute Volée das kleine Städtchen an der Oos für sich entdeckte. Literaten, Musiker, Industrielle, Zaren- und Königshäuser. Baden-Baden wurde Europas Sommerhauptstadt der Reichen und Wichtigen. Man badete im warmen Wasser, trank es, atmete seine Dämpfe. Doch in erster Linie ging es um sehen und gesehen werden und darum, sich zu amüsieren. Die Konzession für das Glücksspiel war daher ein Glücksfall für Baden-Baden, dessen glanzvoller Aufstieg eng mit dem Casino verbunden ist. Luxushotels entstanden für die illustren Gäste, Parks wurden angelegt, ein Theater gebaut, in dem „hübsche Actricen“ auftreten sollten.
Amüsieren können sich Besucher bis heute. Das Welterbe-Ensemble aus Badetradition, historischen Kureinrichtungen, Villengürtel und der ganz eigenen Kultur, die sich dabei entwickelte, lässt sich mit allen Sinnen entdecken und erleben. Auf eigene Faust oder im Rahmen geführter Touren – Casino inklusive. Natürlich kann man dort auch sein Glück versuchen und hoffen, dass es einem nicht so ergeht wie den russischen Literaten: Dostojewski verfiel der Spielsucht und verpfändete sogar den Ehering seiner Frau. Auch Tolstoi verzockte hier sein ganzes Geld. Rien ne va plus!
Hat man diese Parallelwelt wieder verlassen, ist die Trinkhalle nebenan mit dem 90 Meter langen Wandelgang ein guter Ort, um einmal tief durchzuatmen. Trinken soll man das Wasser aus dem Brunnen allerdings nicht mehr, da es leicht arsenhaltig ist. Eintauchen, seine Wärme auf der Haut spüren, ist die Alternative – und eine Wohltat. Also ab ins Friedrichsbad, dem wunderbaren römisch-irischen Badetempel aus jener Zeit unweit der römischen Thermen. Gebadet wird hier textilfrei und in einer abgestimmten Abfolge von warm und kalt. Das Ergebnis: die totale Entspannung. „Nach zehn Minuten vergessen Sie die Zeit und nach 20 Minuten die Welt“, schrieb der Schriftsteller Mark Twain, der laut eigenen Angaben seinen Rheumatismus in Baden-Baden gelassen hatte. „Es war wenig, aber mehr hatte ich nicht zu geben.“